„Es wird schwieriger, Identitäten zu bilden“


Im Interview mit Andreas Kaufmann


 

Homeoffice, Remote Work und zahlreiche Auflagen und Beschränkungen haben unser Arbeitsleben innerhalb eines Jahres grundlegend geändert. Der technologische Wandel vollzog sich schnell. Doch was passiert mit der Kultur? Diese und andere Fragen beantwortet Andreas Kaufmann, der seit 2001 bei PAWLIK im Bereich Organisationsentwicklung tätig ist.

Für alle, die sich nicht tagtäglich mit Unternehmenskultur befassen. Wie definierst Du den Begriff?

Kurz gesagt: Wie die Mitarbeiter ticken und welche Glaubenssätze sie vertreten. Die Strategie legt fest, was wir tun, die Organisation bestimmt die Prozesse, aber wie wir diese Dinge mit Leben füllen, das macht die Kultur! Sie bringt die Strategie zum Fliegen. Es gibt viele, die Kultur als Kuschelkurs und Selbstzweck sehen, aber das ist falsch. Unternehmenskultur zahlt sich in Profit aus.

Wie lange beschäftigst Du Dich schon mit dem Thema Kulturtransformation – und was hat sich geändert?

Seit mehr als 20 Jahren berate ich Unternehmen beim Culture Change. Zunächst arbeitete ich in Frankreich mit internationalen Kunden. Unser Fokus lag auf nationalen Kulturen, bis wir feststellten, dass der Unterschied der Unternehmenskulturen innerhalb einer Nation teilweise größer ist als der Unterschied zwischen nationalen Kulturen.

Kannst Du das näher erklären?

Wir haben Merger & Acquisitions wie Volvo und Renault Trucks mitbegleitet und gemerkt, dass der Unterschied zwischen Schweden und Frankreich kleiner war als zwischen den Firmen im gleichen Land und teilweise sogar zwischen den einzelnen Abteilungen im gleichen Betrieb. Wir haben bemerkt, dass Organisation, Menschen und Strategie ohne eine verbindende Kultur nicht funktionieren. Frei nach Peter Drucker: „Culture eats strategy for breakfast and organization for lunch”.

Wie wichtig ist Kulturtransformation den Kunden heute? Hat sich die Nachfrage verändert?

Die ist bei uns explodiert. Vor allem während der Pandemie. Alle Themen kommen jetzt zusammen: Strategie, Organisation, Kultur und Leadership, alles muss jetzt neu zusammenfinden.

Wo liegen die Probleme?

Die sind vielfältig. Schon jetzt spüren wir, dass das Zugehörigkeitsgefühl der Mitarbeiter ein sensibles Thema ist. Neue Mitarbeiter sind einmal in der Woche im Office und kennen ihre neuen Kollegen, wenn überhaupt, über virtuelle Meetings. Die Kultur als verbindendes Element, lässt sich schwer vermitteln.

 

 

 

Wenn wir da jetzt einmal reingehen, was würdest Du empfehlen, was jetzt zu tun ist?

Zuerst einmal würde ich die relevanten Kriterien messen. Wir haben eigene Tools entwickelt, um beispielsweise die Risikobereitschaft, die in diesen Zeiten wichtig ist, zu messen. Zahlen zu erheben, liefert häufig eine solide Grundlage, um darüber zu sprechen. Die bekommt man nicht mit Floskeln à la „Wir müssen risikofreudiger sein etc.“. Da gähnt der Vorstand und sagt: „Harvard Business Review haben wir auch schon gelesen.

Die zweite große Empfehlung ist: „Make it a C-Level Topic.“ Also: oben ansetzen! Das ist nichts, was man an den Personalreferenten oder eine kleine Projektgruppe delegiert, die dann mal eben etwas versuchen. Der Vorstand muss dahinterstehen, sonst ist es zum Scheitern verurteilt.

Noch ein Punkt?

Das dritte ist das „Scaling“, also das rechtzeitig in den Prozess einplanen, damit eine Breitenwirkung erzeugt wird. Man muss eine „Spielwiese“ schaffen, auf denen die Abteilungen einfach mal ausprobieren können, wie es sich anfühlt einen Fehler zu machen. Oder eine „Challenge Night“, in der auch mal Fehler vor anderen geteilt werden.

Gerade in unsicheren Zeiten sind viele Mitarbeiter der Tradition verhaftet.

Das ist auch gut und wichtig. Zur Transformation gehört auch das Alte anzuerkennen, die vergangene Kultur hatte ihre Berechtigung. Es muss aufgezeigt werden, welche Glaubenssätze heute noch gelten. Aber auch, welche früher richtig waren, warum sie jetzt nicht mehr richtig sind und durch welche sie ersetzt werden müssen. Die Kunst dabei ist, das beschreibbar und erlebbar zu machen. Nur dadurch entwickelt sich ein „sense of urgency“, das Gefühl „Wir brauchen das, lasst es uns angehen!“. Der Rest ist Handwerkszeug.

Welche Rolle spielen dabei die Führungskräfte und welche Fähigkeiten brauchen sie?

Führung spielt jetzt eine extrem große Rolle, diese allein reicht aber nicht aus, Kultur ist nicht nur Führung. Führungskräfte müssen loslassen können. Sie müssen ihren Teams erlauben, Dinge auszuprobieren, von denen sie eigentlich wissen, dass es falsch ist. Das fühlt sich als Führungskraft erstmal komisch an, da man eigentlich dafür sorgen soll, dass alles richtig gemacht wird und plötzlich muss man zuschauen, wie jemand etwas falsch macht. Aber das ist notwendig für den Wandel. Außerdem müssen sie Vorbilder sein und die Kultur vorleben.

Und die veränderungsaffinen Mitarbeiter?

Es gibt viele Firmen, die den Ansatz wählen, dass „First Mover“ erreicht werden müssen und die anderen dann schon folgen werden. Sie sprechen die Personen an, die am ehesten bereit sind, etwas zu ändern. Wenn diese jedoch zu schnell sind, werden sie schnell als Gruppe von Spinnern abgetan, die nur ihr Ding machen. Die Geschwindigkeit kann zu groß sein. Viel wichtiger finde ich, die „First Follower“ zu fördern. Die „First Mover“ sind die Multiplikatoren, besonders in der Kommunikation, aber bei den „First Followern“ entsteht das Momentum. Wenn sich ein anfänglicher Skeptiker anschließt, reißt er schnell weitere mit.

Welche Bedeutung nimmt die Kulturtransformation in den nächsten Jahren an und welche neuen Herausforderungen kommen hinzu?

Die Bedeutung ist klar weiter ansteigend. Das Arbeitsleben wird sich weiterhin ändern und da sind entsprechenden Anpassungen nötig. Das Thema der Identitätsstiftung wird weiter an Brisanz gewinnen. Im Zusammenhang vom asynchronen Arbeiten in bspw. sieben verschiedenen Teams gleichzeitig mit flachen Hierarchien und wenig Zugehörigkeit. Es wird schwieriger werden, Identitäten zu bilden, die aber sehr wichtig sind.

 

 

„Make it happen” bedeutet für uns, dass wir Ihnen helfen, Ihre Unternehmensziele in Resultate umzusetzen. Wir transformieren Organisationen zu stimmigen Systemen und entwickeln die individuellen Potenziale von Mitarbeitern. Dabei stützen wir uns auf neueste wissenschaftliche Forschungsergebnisse.

Kontakt

RAWA - Kontaktformular_consultant

Informationen
* Pflichtfelder

Wir möchten Sie
informieren

„Make it happen” bedeutet für uns, dass wir Ihnen helfen, Ihre Unternehmensziele in Resultate umzusetzen. Wir transformieren Organisationen zu stimmigen Systemen und entwickeln die individuellen Potenziale von Mitarbeitern. Dabei stützen wir uns auf neueste wissenschaftliche Forschungsergebnisse.

Fünf Prozent unseres Umsatzes investieren wir jährlich, um über das Lernen zu lernen. An unseren Erkenntnissen lassen wir unsere Kunden, Partner und sonstige Interessenten gerne teilhaben.

Wir bitten Sie daher um Erlaubnis, Sie mit aktuellen Informationen zu unseren Themen und Leistungen kontaktieren zu dürfen.